Union in Bochum

Vier Spieltage vor Schluss hat Union den Klassenerhalt in der Tasche und geht in einen Saisonendspurt ohne Anspannung. In Anbetracht der aufwühlenden Jahre seit 2019, in denen wir so ziemlich alles erlebt haben, ist das einfach mal gut für die belastete Fanseele.

Dass an diesem Sonntag dennoch ein kleines Knistern in der Luft lag, lag daran, dass sich in den letzten Jahren eine kleine, aber feine feindschaftliche Beziehung zum heutigen Gegner entwickelt hat. Die Gründe dafür sind vielfältig: sei es die Freundschaft zu unseren intelligenzarmen Nachbarn aus Hohenschönhausen, der Versuch vor einigen Jahren, am Spieltagsvorabend durch Köpenick zu spazieren, die häufigen Angriffsversuche bei unseren Gastspielen in Bochum oder auch die „Ruhrpottassi“-Nummer mit Max Kruse. Der ganze Verein hat sich den amtlichen „Kann weg“-Stempel spätestens im Hinspiel abgeholt, und man kann mittlerweile auch über Ultragrenzen hinaus feststellen, dass alle Unioner Bochum kacke finden!

Unser Tag in Bochum begann mit dem Marsch um 11:30 Uhr am Hauptbahnhof, dem sich eine gute Zahl Unioner anschloss. Der Weg zur Castroper verlief laut und ohne nennenswerte Vorkommnisse. Nachdem das Hinspiel – auf die Geschehnisse müssen wir an dieser Stelle wohl nicht weiter eingehen – ein enormes mediales Interesse an dieser Partie erzeugt hatte, gab es ein noch größeres Polizeiaufgebot als sonst. Hochrisikospiel am Sonntagnachmittag, diesmal aber ohne Feindkontakt und mit überpünktlicher Ankunft am Stadion.

Positiv war, dass das Sicherheitspersonal die Tore schon vor der angekündigten Stadionöffnung öffnete und so die sonst üblichen Verzögerungen beim Einlass weitestgehend vermieden wurden. Negativ dagegen waren die Kontrollen, die teils unter aller Würde abliefen. Aber gut, war halt ein Hochrisikospiel.

Sportlich ging es heute darum, vielleicht noch ein bis zwei Plätze gutzumachen und natürlich den Gegner aus der Kategorie „Scheißverein“ ein Stück näher Richtung Abstieg zu schubsen. Um die Motivation hochzuhalten und nochmal unterschwellig daran zu erinnern, warum Bochum kacke ist, entschied man sich für das Motto „Feuer und Flamme für Union“. Das Ganze geschah nicht ganz regelkonform, das Feuer wurde optisch per Feuerzeug entzündet und der Block in schwarzen Rauch gehüllt.

In der 55. Minute wurde der Block ein zweites Mal entzündet, diesmal ohne Rauch, dafür mit einigen Fackeln, von denen auch bis zum Abpfiff noch vereinzelt welche gezündet wurden.

Über große Teile des Spiels hatten wir eine gute Mitmachquote und eine Lautstärke, mit der wir unseren Auftritt als einen der besseren bewerten würden. Spätestens als Holler in der 17. Minute mit ’nem richtig krummen Ding die Führung erzielte, war man auf Betriebstemperatur.

Das Ruhrstadion hat zurecht den Ruf, eine gewisse Wucht zu entfalten. Auch wir haben das schon zu spüren bekommen. Wenn man bedenkt, welche Brisanz dieses Spiel hatte und worum es für beide Seiten ging, war die Stimmung aber eher enttäuschend. Nur rund um den Ausgleich in der zweiten Hälfte und wenn die Heimkurve das Anti-Union-Liedgut ihrer Berliner Freunde kopierte, war es wirklich laut.

In Erinnerung bleibt aber eine gelungene Maischützenchoreo mit dem Spruch „Junge, da kass di drupp verloten“, untermalt von Fahnen in allen Heimblöcken. Die Bochumer Mannschaft lief auch in einem Sondertrikot zum Maiabendfest auf. Als Berliner findet man so ein Fest vielleicht etwas seltsam, aber andere Städte, andere Sitten. Im Grunde finden wir vieles in Bochum seltsam, aber eins muss man dem Verein lassen: Er hat irgendwie Charisma. Umso unverständlicher, wie man das durch Kleinigkeiten kaputt machen kann.

Beispiele: Muss wirklich aus allen Boxen „We Will Rock You“ dröhnen, wenn die Mannschaft zum Warmmachen rauskommt? Das Publikum könnte doch selbst für Lautstärke sorgen. Oder warum läuft beim Einlauf nicht die eigene Hymne, sondern irgendeine gruselige Schunkelmucke, die besser als Rausschmeißer im Bierzelt taugt?

Wie auch immer. Die ganze Feuerzeugnummer, die wie ein Damoklesschwert über der Saison hing, kann jetzt zu den Akten gelegt werden. Und wir können sagen: Juckt uns nicht. Bochum steigt trotzdem ab. Alles bestens!

Das Wichtigste zum Schluss: Gute Besserung, Diogo. Komm bald wieder!